Die Anschauungen Goethes von der Sprache überhaupt sowie im besonderen von unserer Muttersprache

Front Cover
Verlag des Deutschen vereines zur verbreitung gemeinnütziger kenntnisse in Prag, 1911 - German language - 64 pages
 

Common terms and phrases

Popular passages

Page 36 - Denn eben wo Begriffe fehlen, Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein. Mit Worten läßt sich trefflich streiten, Mit Worten ein System bereiten, An Worte läßt sich trefflich glauben, Von einem Wort läßt sich kein Jota rauben.
Page 57 - Ich ehre den Rhythmus wie den Reim, wodurch Poesie erst zur Poesie wird, aber das eigentlich tief und gründlich Wirksame, das wahrhaft Ausbildende und Fördernde ist dasjenige, was vom Dichter übrig bleibt, wenn er in Prose übersetzt wird. Dann bleibt der reine vollkommene Gehalt, den uns ein blendendes Äußere oft, wenn er fehlt, vorzuspiegeln weiß und, wenn er gegenwärtig ist, verdeckt.
Page 39 - Und wenn der Mensch in seiner Qual verstummt, Gab mir ein Gott, zu sagen, wie ich leide.
Page 61 - Schon fast seit einem Jahrhundert wirken Humaniora nicht mehr auf das Gemüt dessen der sie treibt und es ist ein rechtes Glück, daß die Natur dazwischen getreten ist, das Interesse an sich gezogen und uns von ihrer Seite den Weg zur Humanität geöffnet hat.
Page 38 - Überzeugungen, muß jeder im tiefsten Ernst bei sich selbst bewahren, jeder weiß nur für sich was er weiß und das muß er geheim halten; wie er es ausspricht, sogleich ist der Widerspruch rege, und wie er sich in Streit einläßt, kommt er in sich selbst aus dem Gleichgewicht und sein Bestes wird, wo nicht vernichtet, doch gestört.
Page 57 - Handels bemüht und den Wechseltausch zu befördern sich zum Geschäft macht. Denn was man auch von der Unzulänglichkeit des Übersetzens sagen mag, so ist und bleibt es doch eines der wichtigsten und würdigsten Geschäfte in dem allgemeinen Weltverkehr. Der Koran sagt: "Gott hat jedem Volke einen Propheten gegeben in seiner eigenen Sprache.
Page 37 - Alle Sprachen sind aus naheliegenden menschlichen Bedürfnissen, menschlichen Beschäftigungen und allgemein menschlichen Empfindungen und Anschauungen entstanden. Wenn nun ein höherer Mensch über das geheime Wirken und Walten der Natur eine Ahnung und Einsicht gewinnt, so reicht seine ihm überlieferte Sprache nicht hin, um ein solches von menschlichen Dingen durchaus Fernliegendes auszudrücken. Es müßte ihm die Sprache der Geister zu Gebote stehen, um seinen eigentümlichen Wahrnehmungen zu...
Page 53 - Die Muttersprache zugleich reinigen und bereichern ist das Geschäft der besten Köpfe; Reinigung ohne Bereicherung erweist sich öfters geistlos: denn es ist nichts bequemer als von dem Inhalt absehen, und auf den Ausdruck passen. Der geistreiche Mensch knetet seinen Wortstoff, ohne sich zu bekümmern aus was für Elementen er bestehe, der geistlose hat gut rein sprechen da er nichts zu sagen hat. Wie sollte er fühlen welches kümmerliche Surrogat...
Page 43 - SPRACHE Was reich und arm! Was stark und schwach! Ist reich vergrabner Urne Bauch? Ist stark das Schwert im Arsenal? Greif milde drein, und freundlich Glück Fließt, Gottheit, von dir aus ! Faß an zum Siege, Macht, das Schwert, Und über Nachbarn Ruhm!
Page 36 - Am besten ist's auch hier, wenn Ihr nur Einen hört, Und auf des Meisters Worte schwört. Im ganzen - haltet Euch an Worte! Dann geht Ihr durch die sichre Pforte Zum Tempel der Gewißheit ein.

Bibliographic information